Obergewandung der Dame

In der Literatur wird häufig von Obergewand und Übergewand gesprochen. Unterschieden wird dabei die gesellschaftliche Bedeutung. Das Obergewand wird direkt über der Unterkleidung getragen. Da letztere zu zeigen eine gesellschaftliche Herabwürdigung war (oft nur bei Gefangenen oder Bettlern dargestellt), ist das Obergewand (Cotte) eine Notwendigkeit in der Öffentlichkeit. Ein Übergewand wie Bliaut oder Surcot hingegen wird über der Cotte getragen und kann ohne Ansehensverlust weggelassen oder ausgezogen werden.

Aus diesem Grund stellen wir hier zuerst die Cotte vor, welche sich fast unverändert zeigt und anschließend die stark dem Wandel der Mode unterliegende Übergewandung wie Bliaut und Surcot.

Generell lässt sich feststellen, dass sich Damen- und Herrenmode in Schnitt und Material in dieser Zeit noch sehr stark ähneln.

Die Cotte

Die Cotte ist die typische Oberbekleidung im Hochmittelalter. Die Cotte ist bodenlang, bei höheren Ständen auch deutlich überlang. Sie kann einzeln oder entsprechend mit Bliaut oder Surcot kombiniert getragen werden.

Während die Cotte im 12. Jahrhundert noch reichhaltige gewebte oder gestickte Verzierungen an Saum, Halsausschnitt und Ärmeln aufwies, wurde die Cotte im 13. Jahrhundert zunehmend schlichter. Höchstens farblich abgesetzte Belege am Handgelenk oder Halsausschnitt wurden noch verwendet. Der Reichtum wurde in dieser Zeit eher durch zusätzliche Stoffweite oder kontrastierendes Innenfutter gezeigt. Die Cotte kann einen runden Halsausschnitt oder einen Schlüssellochausschnitt besitzen. Geschlossen wurde der Halsausschnitt mittels eines Fürspans. Die langen Ärmel waren schmal geschnitten und konnten mit ausgehendem 13. Jahrhundert bereits mit Knöpfen am Handgelenk und Halsausschnitt geschlossen sein. Die Knöpfe ermöglichten, die Ärmel noch enger anliegend zu gestalten. Funde von Knöpfen in London aus dem 13. Jahrhundert bestätigen die Existenz von Zinnknöpfen, denkbar sind aber auch Knöpfe aus Stoff.

Die Cotte war vorrangig aus Wolle gefertigt, allerdings sind auch Seidenstoffe nachweisbar. Seide war aber sicherlich wegen ihrer Seltenheit und dem hohen Preis dem Hochadel vorbehalten. Leinen wurde als Obergewand eher nicht verwendet, da dieses nicht in solch intensiven Farben hergestellt werden konnte, wie es Mode war und natürlich auch nicht den gleichen Witterungsschutz wie Wolle bot.

Die Cotte wurde meist gegürtet getragen.

Viele Quellen finden sich mittlerweile mit sehr guten Bildern im Internet, weswegen wir uns einige Bezüge nur nennen wollen.

schlichte Cotte aus brauner Wolle überm Leinenkleid
überlange Cotte aus blauer Wolle
Kunigunde, Bamberger Dom, Mitte 13. Jhd.

Der Damenbliaut im 12. Jahrhundert

Der Bliaut ist als die typische höfische Damenmode im 12. Jahrhundert anzusehen. Woher der Begriff stammt, ist nicht gänzlich geklärt. Laut Ulrich Lehnard stammt die Bezeichnung für dieses Gewand von der Stoffart (ein golddurchwirktes Gewebe), aus der es ursprünglich hergestellt wurde.

Kennzeichnend für das Aussehen des Bliauts ist das Bestreben das Gewand der Form des weiblichen Körpers anzupassen und diesen somit hervorzuheben. Die seitliche Taillenschnürung ist typisches Zeichen dieser Mode. Breite Geren, welche ab der Hüfte eingesetzt werden, verleihen dem Kleid mehr Weite am unteren Saum. Dazu kommen die typischen weiten Ärmeln. Darin zeigte sich die Abhebung der Mode des Adels von den einfachen Menschen.

Auch hier seien nur einige Quellen mit Bild dargestellt und weitere genannt:

Frauendarstellung von einem der Osttürme von St. Mauritz in Münster (Dtl.) um 1070
Kathedrale von Chartres (Frkr.) – um 1145/50
Kathedrale von Angers (Frkr.) – Ende 12. Jhd.

Die Taillenschnürung ist nicht in alle Quellen deutlich sichtbar. Meist zeigt sie sich in den filigranen horizontalen Falten, welche sich bei feinen Stoffen durch die Schnürung im Bauch- und Rückenbereich bilden. Allerdings konnten diese nur erreicht werden, wenn der Bliaut aus einem dünnen Gewebe hergestellt wurde. Anzunehmen ist dafür insbesondere Seide oder dünne Wolle. Aufgrund dieser Tatsache ist es wahrscheinlich, dass es sich beim Bliaut um ein ungefüttertes Kleidungsstück handelte. Es gibt bildliche Belege für den Bliaut aus Deutschland, Frankreich, Spanien etc. und auch in Texten wird dieser genannt, so zum Beispiel im Poème Moral (um 1200, unbekannter Autor), in welchem die gesundheitlichen Einschränkungen durch diese Mode kritisiert wurden. Durch die seitliche Öffnung wurde das Untergewand sichtbar, was einen durchaus gewünschten erotischen Aspekt enthielt, wie aus dem Gedicht „Ipomedon“ des Hue de Rotelande (um 1170) zu erkennen ist.

Ein weiteres typisches Merkmal zeigt sich in der Form der Ärmel, welche über den Oberarm bis zur Mitte des Unterarmes schmal verlaufen und sich dann zum Handgelenk hin sehr aufweiten. Abbildungen aus dem Hortus Deliciarum und Skulpturen an der Fassade der Kathedrale von Chartres zeigen, dass diese Hängeärmel durchaus bis Mitte des Unterschenkels oder gar bis auf den Boden reichen konnten. Gerade die Weite der Ärmel zeigt den Reichtum der Trägerin. Zum einen weil die weiten Ärmel geradezu eine Verschwendung der teuren Stoffe darstellen, zum anderen weil diese Ärmel für jegliche körperliche Tätigkeit untauglich sind.

Ebenso wie die Herrencotte des 12. Jahrhunderts war auch der Bliaut der Dame oft reich mit gewebten und/oder gestickten Schmuckkanten oder kontrastierenden Stoffbesätzen versehen. Dieser textile Gewandschmuck lässt sich an Handgelenken, Oberarm (in Erhaltung frühmittelalterlicher Tradionen), dem Halsausschnitt und dem unterem Saum in unterschiedlichen Ausführungen beobachten. Auffallend hierbei ist, dass die Schmuckausstattung mit der Wende zum 13. Jahrhundert deutlich minimaler ausfällt als noch in der Mitte des 12. Jahrhunderts.

Der Bliaut wird in der Literatur teilweise als kurze Modeerscheinung des 12. Jahrhunderts beschrieben, die mit der Wende zum 13. Jahrhundert ihren Abschluss fand. Einige um 1230 datierte Hildesheimer Bronzegussarbeiten zeigen jedoch auch Frauenfiguren in eben solchen Bliauts mit weiten Ärmeln, darunter auch das berühmte Hildesheimer Taufbecken und kleinere skulpturale Objekte, wie die weibliche Leuchterfigur. Auch einige bildliche Quellen zeigen auch nach 1200 noch teilweise sehr weite Hängeärmel, wie hier im Psalter Landgraf Herrmanns von Thüringen um 1216. Somit ist anzunehmen, dass diese Modeströmung sich im deutschen Raum bis ins erste Drittel des 13. Jahrhunderts erstreckte, bevor sie von Cotte und Surcot abgelöst wurde.

Hochzeitsbliaut einer der Damen
Detail der Leinenstickerei umgeben von schmaler Borte auf beige-orangem Leinen

Der Surcot im 13.Jh

Während sich im 12. Jh. die Damenmode zumindest durch die Ärmelweite manifestierte und von der Herrenmode unterschied, glich sie sich im 13. Jh. vermutlich unter wachsenden religiösen Einfluss der Mode des Mannes zunehmend an. Die Kleidung zeichnete sich jetzt durch ihre große Stofffülle und gerade Schnitte aus, welche die weiblichen Körperformen fast vollständig verbargen. Vielfältiges Bildmaterial findet sich im Codex Manesse, aber auch in figürliche Darstellungen, wie die Figuren Ottos und Adelheids im Meißner Dom, die berühmten Naumburger Stifterfiguren.

Wie in der Herrenmode trug die Dame den Surcot über der Cotte. Der Surcot war meist ärmellos und wurde ungegürtet getragen. Auffallend ist jedoch, dass der Damensurcot sowohl in bildlicher wie figürlicher Darstellung nicht den gleichen Variatenreichtum zeigt wie der Herrensurcot. Der Damensurcot ist ausschließlich mit Rundhalsausschnitt dargestellt. Der Ausschnitt des Surcot war meist etwas weiter, als der der Cotte, so dass der Fürspan dieser sichtbar blieb.

Meist ist der Surcot in einem kontrastierenden Farbton zur Cotte gestaltet. Im Codex Manesse zeigt sich oft die Kombination von Rot mit Blau oder Grün. Diese Tatsache legt nahe, das sowohl Cotte als auch Surcot aus Wolle waren, denn sie ist wesentlich einfacher als Leinen mit natürlichen Farben zu färben.

In fast jeder Darstellung im Codex Manesse, in der eine Frau einen Surcot trägt, ist das in übermäßiger Stofffülle gestaltete Übergewand an einer Seite gerafft und über den Arm gelegt, sodass die Cotte darunter zum Vorschein kommt. Ebenso wie der Griff in die Tasselschnur des Mantels scheint es sich hierbei um eine überaus höfische Geste zu handeln. Diese übermäßige Stofffülle zeigt zum einen Reichtum, zum anderen verdeutlicht die aber auch dass es die Trägerin nicht nötig hat, körperlich zu arbeiten.

Vielfältiges Bildmaterial findet sich im

Codex Manesse
Surcot aus roter Wolle mit Stickerei und Perlen auf gelbem Beleg

Text: kf, überarbeitet von ks

Quellen:

Katrin Kania, Kleidung imMittelalter Matrialien – Konstruktion – Nähtechnik, 2010, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien

https://www.themorgan.org/collection/Crusader-Bible/thumbs

Halberstädter Abrahamsteppich

Hortus Delicarium, ausgehendes 12. Jhd.

Weingartener Welfenchronik, letztes Viertel 12. Jh. (https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/item/SEGTB4KGJVS6PR7DKFCM2GYZNXX6IMG5)

" "