Man muss sich vor Augen halten, dass eine Reise zum Beispiel zum Hoftagen unter den damaligen Verhältnissen sehr zeitraubend sein konnte. Nicht selten war man Tage oder Wochen unterwegs, um vom einen Ort zum anderen zu gelangen. Dementsprechend musste man gut für ein solches Unterfangen ausgerüstet sein. Geschützt vor Regen und Witterung führte man daher seinen Hausstand in Truhen mit. Um das private Eigentum vor einem all zu leichten Diebstahl zu bewahren, kamen eingebaute oder Vorhängeschlösser zum Einsatz. Darüber hinaus diente die Reisetruhe nicht nur zur Aufbewahrung, sondern konnte auch als Sitzmöbel verwendet werden.
Eine bereits im Frühmittelalter weit verbreitete Truhenform ist die Sechsbretttruhe, wie oben gezeigt. Wie der Name es sagt, werden für diese einfache Bauart sechs Bretter benötigt, die durch die Verwendung von Nägeln zusammengehalten werden.
© Victoria and Albert Museum, LondonSeit dem 13. Jh. verbreitete sich zunehmend die Stollentruhe in Europa (Die Abbildung rechts zeigt ein gut erhaltenes Exemplar aus der Zeit). Im Vergleich zur einfachen Sechsbrett- oder Wikingertruhe mit zwei Füßen verfügt die Stollentruhe über vier Bretter, die bis zum Boden reichen. Die Vorder- und Rückseite bestehen aus je drei Brettern, die mit Nut, Feder und Holznägeln miteinander verbunden sind. Im Weiteren geht es um den Nachbau einer solchen Stollentruhe.
Die Truhe besitzt eine Breite von 80 cm, eine Tiefe von 35 cm und eine Höhe von 47 cm. Trotz der Verwendung von Eichenholz ist die Truhe mit einem Leergewicht von 17 kg immer noch gut tragbar. Die Eichenbretter, die aus einer ungefähr 5 m langen Bohle herausgesägt wurden, weisen eine Dicke von 2 cm auf. Um etwas Gewicht einzusparen, wurden für den Boden zwei Bretter aus Fichte verbaut.
In den Bildern unten sind die einzelnen Bretter nach der Bearbeitung zu sehen. Im ersten Schritt wurden diese mit einer groben Säge zugeschnitten und dann mit dem Hobel auf das richtige Maß gebracht. Die Nuten wurden zunächste mit einem Messer angerissen und dann mit dem Stechbeitel ausgehoben. Für die Feder der Mittelbretter kamen Stechbeitel und Simshobel zum Einsatz.
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Die Bretter wurde mit Knochenleim verklebt und Stück für Stück zur Truhe zusammengesetzt und zwar zunächst die Vorder- und Rückseite die zusätzlich mit Holznägeln stabiliert sind, danach wurden die Seitenbretter auf der Front befestigt, anschließend der Boden eingesetzt und zum Schluss die Rückseite verleimt.
Für den Anbau des Deckels mussten zunächst Löcher vorgebohrt werden, um das Holz beim Festnageln der Scharniere und des Truhenschlosses vor dem Reißen zu schützen. Schlussendlich wurde die Truhe abgeschliffen und mit Leinöl behandelt.
Text: tg