Kopfbedeckungen im Allgemeinen
Als Quellen für Kopfbedeckungen des 12. und 13. Jahrhunderts stehen uns Buchmalereien und Plastiken zur Verfügung. Bei der Nutzung dieser Quellen muss man jedoch berücksichtigen, dass viele Darstellungen idealisiert sind, da sie einem besimmten Zweck dienten. Bei Buchmalereien sind es häufig nur Miniaturen mit geringem Detailierungsgrad. Konstruktive Details sind oft nicht zu erkennen.
Die im folgenden herangezogenen Quellen sind der Codex Manesse (ca. 1300-1340), Maciejowski-Bibel (um 1250), Hortus Deliciarum (spätes 12. Jhd.) und die Eneit Handschrift (Ms. germ. fol. 282 , um 1220/1230).
Die hier ausgewählten Bilder zeigen exemplarisch die verschiedenen Ausprägungen an Kopfbedeckungen. In den genannten Quellen sind deutlich mehr Bilder zu finden, für denjenigen der selbst recherchieren möchte. Wir möchten euch hier neben den Quellen aber auch Adaptionen zeigen, die wir tragen.
Das eine verheiratete Frau ihr Haar mit einem Netz bedecken soll, entspringt der christlichen Tradition und war im Hochmittelalter gesellschaftliche Norm. Nur junge Mädchen oder unverheiratete Frauen trugen ihr Haar sichtbar. Aus dieser Tradition ist uns bis heute der Ausspruch „unter die Haube kommen“ als Synonym für die Hochzeit erhalten geblieben.
Kopfbedeckungen sind aber auch äußerst praktisch, um das Haar und die Haut vor Schmutz und Sonne zu schützen und das Haar bei der Arbeit aus dem Gesicht zu halten.
Bei der Wahl der eigenen Kopfbedeckung muss man den gesellschaftlichen Rang, die (damaligen) finanziellen Mittel und die dargestellte Zeit berücksichtigen. Die gesellschaftlichen Regeln und Normen unterlagen auch damals stark dem Wandel der Zeit.
An Material sind Leinen, Wolle und Seide denkbar. Seide ist als Importprodukt sehr teuer. Feine Wolle schützt gut vor Kälte und Feuchtigkeit. Leinen ist, da gut waschbar, sehr vielfältig einsetzbar.
Einfache Kopfbedeckungen (Kopftücher, Gugel, Strohhut)
Darstellungen einfacher Frauen sind eher selten zu finden, aber einige Darstellungen finden sich vorrangig in der Maciejowski-Bibel.
Arbeitende bzw. dienende Frauen sind meist mit verschiedenen Arten von Kopftüchern dargestellt: Als Schaltuch um Kopf und Hals geschlungen im Nacken gebunden oder mit verschlungenen Bändern über dem Kopf fixiert.
Sicherlich sind dies vorrangig Formen der einfachen, arbeitenden Bevölkerung, aber da in der Maciejowski-Bibel Frauen diese Formen auch zu aufwendig gefärbten Gewändern und großen Fibel tragen, kann angenommen werden, dass auch Bürgerinnen und niedere Adelige bei Verwaltungstätigkeiten auf dem eigenen Gut zu einer arbeitsangemessenen Kopfbedeckung gegriffen haben könnten.
Zur Nutzung von Gugeln durch Frauen gibt es nur ganz wenige Belege. Die Art dieser Gugeln scheint sich von denen der Männer nicht zu unterscheiden, zeigt aber keinen oder nur einen sehr kurzen Zipfel.
Aber auch Strohhüte sind als Kopfbedeckungen der einfachen Bevölkerung nachweisbar.
Die höfischen Kopfbedeckungen
Eine strikte Zuordnung von Schleierformen zu einem bestimmten Zeitfenster ist nicht möglich. Die uns vorliegenden Buchmalereien zeigen uns, dass diverse Schleierformen nebeneinander auftraten, auch wenn es Modeformen gab.
Schaltuch als Schleier
Bilder und Skulpturen aus der Romanik zeigen meist ein längliches Schaltuch, welches über den Kopf gelegt und um Hals und Schultern geschlungen wurde. Durch seine Länge fungierte diese Art des Schleier somit auch gleich als Schal und musste nicht weiter auf dem Kopf fixiert werden, um das Haar vollständig und sicher zu verhüllen.
Danneben gibt es aber auch Abbildungen von eher quadratischen Schleiern die nur auf das Haar aufgelegt scheinen und den Blick auf Hals und Haar nicht vollständig verwehren.
Das Schapel mit Schleier
Um 1200 sind bereits Schleier nachweisbar, welche den Hals nicht mehr verhüllen und von einem Schapel gehalten werden, so zum Beispiel im Kreuzgang der Kathedrale von Arles (Südfrankreich) um 1200.
Das Schapel, ein meist aus Metall geformter Reif der den jungfräulichen Blumenkranz stilisiert, diente dazu, den Schleier, der jetzt eher die Form eines fast quadratischen oder halbrunden Tuches hatte, auf dem Kopf zu halten. Der Schleier bedeckte so zwar die Haare, verhüllte aber nicht mehr das Dekolleté. Diese „Entdeckung der Weiblichkeit“ zeigte sich auch in der Kleidungsmode des Bliauts (siehe Artikel). Diese Form des Kopfschmuckes hält sich aber auch bis ins 13. Jahrhundert und wir finden auch im Codex Manesse noch Nachweise.
Für unverheiratete Frauen galt weiterhin kein Gebot zum Verhüllen der Haare. Und so wurde das Schapel auch ohne einen Schleier auf dem Haar getragen, wie man sehr schön im Codex Manesse, der Maciejowski-Bibel und an den Jungfrauen in Magdeburg sehen kann.
Das Gebende
Die Neuerungen in der Kleidung veränderten auch die Kopfbedeckungen der verheirateten Frau. War die Frau Ende des 12. Jahrhunderts in ihrer äußeren Erscheinung noch relativ freizügig, wurde sie nun zunehmend eingeschränkt.
Besonders das im frühen 13. Jahrhunder neu aufkommenden Gebende zeigt dies deutlich. Ein breiter Stoffstreifen (auch Kinnband genannt) wurde so um den Kopf gespannt, das er vom Kinn ausgehend, über die Ohren verlief und auf dem Kopf mittels einer Nadel zusammen gehalten wurde. Das schränkte die Dame beim Essen, Reden und Lachen ein, da man den Mund, wie wir aus eigener Erfahrung sagen können, nur noch wenig öffnen kann. Aber auch das Gehör ist eingeschränkt, denn der Stoffstreifen über den Ohren dämpfte Umgebungsgeräusche teilweise erheblich ab. Damit schränkte sich auch ihr gesellschaftlicher Umgang ein.
Das Kinnband konnte mit einem mehr oder weniger breiten Stoffschapel kombiniert werden, aber auch mit der neu aufkommenden „Pillbox“, wie bei den Naumburger Stifterfiguren. In der Kunst wird das Haar darunter meist offen dargestellt. Es ist aber davon auszugehen dass für die verheiratete Frau die Ergänzung des Gebendes mit Haarnetz, Haube und zurückgelegt oder Schleier angebracht war.
Auch in der Literatur erkennt man, wie wichtig das Gebende in adligen Kreisen war. Der Dichter Wolfram von Eschenbach schreibt in seinem Parzival von einer Frau, die ihr Gebende lockert, „sie gebe sich losen Sitten hin“.
Wimpel oder Kinntuch
Neben dem Kinnband existieren im 13. Jahrhundert noch weitere Versionen von Kinntüchern und gewickelten Kopftüchern, welche Hals und Haar vollständig umschließen.
Zum Schluß noch ein kleiner Beleg für das nebeneinander verschiedener Schleierformen
Farbe bei Kopfbedeckungen
Auch wenn in den Darstellungen Wimpel und Schleier meist weiß dargestellt werden, so gibt es doch vereinzelte Darstellungen von farbigen Hauben und Schleiern.
Text: KS