Die Herren von Colditz

Die Herren von Colditz haben ihren Ursprung in einem Ministerialengeschlecht, dass wahrscheinlich bereits kurz nach der Errichtung des Burgwartes Colditz im Pleißenland mit dessen Verwaltung betraut wurde und sich nach diesem Sitz benannte. Als Graf Wiprecht von Groitzsch unter anderem Besitzer des Burgwartes Colditz wurde, hatte er vermutlich die dort ansässigen Ministerialen mit übernommen, was damals so üblich gewesen ist und den Status der Unfreiheit der Ministerialen deutlich zum Ausdruck brachte. Unter Wiprechts Herrschaft taucht auch der erste urkundlich nachweisbare Ritter von Colditz auf, der 1103 in einer Urkunde des Bischofs Walram von Naumburg mit als Zeuge genannt wird. Hinter Graf Wiprecht und seinem gleichnamigen Sohn taucht Boppo von Colditz in der Zeugenliste auf, der offensichtlich seinen Herren begleitete. Noch in der 1. Hälfte des 12. Jahrhunderts erwirbt der Staufer Friedrich III. (I.) von Schwaben die pleißenländischen Besitzungen, die ehemals dem Hause Groitzsch angehörten, sodass die Ritter von Colditz nun dem Dienstmannenverband der Staufer angehörten. Sie waren immer noch persönlich völlig unfrei, wirtschaftlich aber bereits selbständig.

Als Friedrich III. (I.) 1152 zum König gewählt und kurz darauf 1155 zum Kaiser gekrönt wird, sollte das auch für das Pleißenland und die dort ansässigen Ministerialen weitreichende Folgen haben. 1158 übergibt Kaiser Friedrich I. von Schwaben seine pleißenländischen Besitzungen dem Reich, im Austausch mit anderen Gütern und gründet so das pleißenländische Reichsterritorium. So werden auch die Ministerialen ans Reich übertragen und sind von nun an Reichsministeriale, die das Privileg genießen, direkt dem König und Kaiser unterstellt zu sein. In der damaligen Gesellschaft nehmen die Reichsministerialen ihren Platz zwischen dem alten Uradel und den übrigen Ministerialen ein – sie sind gesellschaftlich aufgestiegen.

So wurde nun auch Thimo I. von Colditz 1158 zusammen mit seinen Kindern zum Reichsministerialen erhoben. Als seine Söhne werden 1188 Ulrich I. und 1198 Heinrich I. genannt. Heinrich I. soll 1197 im Gefolge Dietrich des Bedrängten am deutschen Kreuzzug teilgenommen haben und ist mit diesem auch wieder in die Heimat zurückgekehrt. 1198 übernahm Heinrich I. die Herrschaft über Colditz, im selben Jahr, indem Graf Dietrich sein Erbe die Markgrafschaft Meißen mit Waffengewalt für sich einforderte und von König Philipp bestätigt bekam. Heinrich ist in der folgenden Zeit immer wieder im Gefolge Markgraf Dietrichs anzutreffen. Verheiratet war Heinrich mit Adelheid I., deren Herkunft leider unbekannt ist. Von 1208 bis zu seinem Tode um 1215 war Heinrich I. von Colditz durch kaiserliche Gnade Landrichter des Pleißenlandes, was dem Geschlecht von Colditz einen weiteren gesellschaftlichen Aufstieg und mehr Vermögen einbrachte. Sein Sohn Volrad I. ist von 1215 – 1266 nachweisbar und hat zwischen 1248 – 66 das Amt seines Vaters als Landrichter inne. Thimo II. von Colditz, der als Bruder Heinrich I. angenommen wird, ist Kaplan und ab 1224 bis zu seinem Tod 1239 sogar Abt des Klosters Pegau. Als Abt lässt Thimo II. auch Münzen prägen.  Neben Volrad I. hatten Heinrich I. und Adelheid noch 4 weiter Kinder. Theoderich I. der bereits 1215 mit seinem Vater starb, Thimo III. der zwischen 1215 und 1263 die Nachfolge als Herr von Colditz antrat, Ulrich II. und Bertha, die spätestens ab 1232 mit dem Ritter Eckbert III. von Wolfenbüttel – Asseburg, dem Sohn des Reichstruchsesses Günzel I. von Wolfenbüttel, verheiratet war und 1253 verstarb.

Die gesamte Genealogie der Colditzer hier aufführen zu wollen, würde den Rahmen sprengen, sodass ich mich im Folgenden nur auf einige weitere Vertreter des Geschlechtes beziehen werde. Zum Ende des 13. Jahrhunderts hin erweitern sich die Colditzer um 2 Nebenlinien. Neben der Hauptlinie Colditz werden nun auch die Nebenlinien Breitenhain und Wolkenburg genannt. Durch kluge Heiratspolitik, Erwerb von Ämtern und Privilegien, sowie Vermehrung von Vermögen und Ländereien, sind die Herren von Colditz um 1300 entgültig in den unteren Schichten des Hochadels angekommen. Von Herren edelfreier Herkunft und Grafen werden sie als ebenbürtig anerkannt. Heinrich IV. von Colditz (1302 – 1340) heiratet eine Tochter aus dem Haus der Burggrafen von Leisnig. Jutta von Breitenhain heiratet um 1270 Graf Heinrich IV. aus dem Hause Stollberg. Ulrich IV. (1276 – 1316) wird Bischof von Naumburg und Witego I. (1303 – 1342) wird Bischof von Meißen.

Zwei der bedeutensten Vertreter derer von Colditz waren Thimo VII. (1338 – 1363), der mit Bertha II. von Wildenfels verheiratet war und Thimo VIII. (1338 – 1383), dessen Gemahlin Anna I. von Kittlitz war. Thimo der VII. war Marschall des Markgrafen Friedrich des Strengen von Meißen. Thimo VIII. war Kammermeister Kaiser Karls und wurde von diesem außerdem noch mit der Hauptmannschaft (Amt eines Landvogtes) in der Oberlausitz belehnt.

Die letzten Vertreter des Geschlechtes sind Thimo XIII. von Colditz, der mit Margaretha von Wartemberg verheiratet war und im Jahre 1508 starb, sowie seine Schwester Johanna von Colditz, die mit Burggraf Georg von Leisnig verheiratet war und im Jahre 1513 starb. Die Besitzungen der Colditzer fielen an die Wettiner. Bis zu ihrem Aussterben Anfang des 16. Jahrhunderts hatten es die Herren von Colditz geschafft, sich durch Wahrung  der Reichsunmittelbarkeit seit 1158 und dem Ausbau ihrer Besitzungen zu einer Gerichtsherrschaft mit allen landesherrlichen Befugnissen im Spätmittelalter fest in den unteren Schichten des Hochadels zu verankern, obwohl ihre Vorfahren einst unfreie Ministeriale waren.

Text: Ralf Jung

Quelle: „Die Herren von Colditz und ihre Herrschaft“ von Kurt Truöl aus Bautzen (1913)

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